Bildung neu denken - Frei-Day in Freudenhain

Freiday 1 Schulbildung steht immer wieder im Fokus der Kritik – zu weltfremd, zu wenig aufs Leben vorbereitend, zu vergeistigt sind die Vorwürfe, die im Raum stehen. Und angesichts der sich rasant verändernden Lebenswirklichkeit scheint der Fächerkanon aus dem 19. Jahrhundert schon fragwürdig.

„Was brauchen unsere Kinder, um mit den Problemen der Zukunft umgehen zu können?“. Diese Frage haben sich eine Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern am Auersperg-Gymnasium gestellt und haben nach Konzepten gesucht, die die Schülerinnen und Schüler auf die Zukunft vorbereiten.

Angeregt durch eine Fortbildung des „Netzwerks BNE macht Schule – Netzwerk Zukunft Passau“ hat sich das Team mit dem Frei-Day-Konzept, entwickelt von der Pädagogin Margot Rasfeld, beschäftigt und beschlossen, die grundlegenden Ideen am Auersperg-Gymnasium umzusetzen, zunächst für eine der beiden 11. Klassen.

Bild v.l: Die Projektleitung Julia Penn, Elisabeth Sanladerer-Fuchs, Katharina Martin, Quirin Würfl; Valentin Fuchs vom Netzwerk BNE, Prof. Dr. Andreas Eberth, Michaela Würdinger-Gaidas vom Netzwerk BNE, OStD Johannes Fuchs

 

Im Fokus steht dabei vor allem der Begriff „Selbstwirksamkeit“. Bildung ist kein Konsumgut, das reproduziert wird, um gute Noten zu erhalten, vielmehr sollen die Schülerinnen und Schüler in der Schule die Erfahrung machen, dass sie etwas bewirken, dass Sie Ideen entwickeln und umsetzen können, die allen eine bessere Zukunft ermöglichen.

Dank der Unterstützung durch die Schulleitung wurde schon im vergangenen Schuljahr begonnen, zusammen mit Valentin Fuchs vom „Netzwerk BNE macht Schule“ eine Umsetzungsmöglichkeit für eine 11. Jahrgangsstufe zu planen.    

Nach einem dreitägigen Kick-Off, bei dem unter anderem der Bergfried als „Lernort“ zur Verfügung stand, arbeiten die Schülerinnen und Schüler jetzt selbstorganisiert, interdisziplinär und vernetzen sich mit externen Partnern und Unternehmen. Sie setzen ihre Projekte vor Ort um, erwerben dabei Zukunftskompetenzen und übernehmen Verantwortung für sich, andere und die Gesellschaft. Grundlage für die Projektarbeit bilden die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Wobei der Ausgangspunkt nicht eines der Ziele ist, sondern die Frage: Was interessiert mich, wie kann ich meine Umgebung für mich effektiver gestalten. Ist ein Gestaltungswunsch formuliert, überlegt sich die Gruppe, wie dieser Wunsch im Sinne der 17 Ziele umgesetzt werden kann. Da viele Mitglieder der Schulfamilie inzwischen mit dem E-Bike den Freudenhainer Berg bewältigen, wurde z.B. der Wunsch nach E-Bike-Ladestationen laut, den eine Projektgruppe nun mithilfe von Solarzellen umsetzen will. Eine weitere Gruppe beschäftigt sich mit Nachhaltigkeitskonzepten großer Firmen und hat dazu Kontakt zur IG-Metall-Jugend gesucht. In der Woche stehen den Schülerinnen und Schülern jeweils vier zusammenhängende Stunden zur Verfügung, in denen sie ihre eigenen Projekte weiterentwickeln können. Diese vier Stunden werden nicht zusätzlich in den Stundenplan eingefügt, sondern aus dem bestehenden Stundenpool generiert. Im Wechsel verzichten die Fächer Deutsch, Englisch, Geografie, Wirtschaft, Physik und Politik und Gesellschaft auf eine Stunde Fachunterricht, um die in ihrem Fach vorgegebenen Lehrplaninhalte in das Projekt einzubringen. Die Projekte werden dabei am Ende vorgestellt, sie werden jedoch nicht benotet, was auch ein zentraler Punkt des Konzepts ist. Entwickelt werden soll die intrinsische Motivation unabhängig von der Benotung durch die Lehrkraft: „Non scolae sed vitae!“

Unterstützt werden die einzelnen Projektgruppen von externen Partnern aus der Wirtschaft, die das nötige Praxiswissen mitbringen. So veranschaulichte zum Beispiel Konstantin Katsikis von der Passauer Werbeagentur KWADRAT, wie komplex die Planung eines Projekts ist, wie smarte Ziele definiert werden und was man unter Qualitätsmanagement versteht. Schule öffnet sich damit nach außen und versucht in diesem Rahmen, die unterschiedlichsten Ressourcen zu nutzen.

Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von Prof. Andreas Eberth, der auch den Einführungsvortrag für Eltern und Kollegium hielt. Er machte deutlich, dass Bildung neu gedacht werden muss angesichts der multiplen Krisen in der Welt. Auf die zukünftigen Generationen kommen Probleme zu, die nicht mehr einfach mit erlerntem Wissen gelöst werden können. Jugendliche müssen in der Lage sein, eigene Lösungsstrategien zu finden und neue Denkwege zu beschreiten. Für die Schule ist es dabei wichtig, diesen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem neben Faktenwissen und Kompetenzen in der Mathematik oder im Fach Deutsch auch Selbstwirksamtkeit erfahren werden kann.

Das Projekt wird wissenschaftlich evaluiert, sodass im nächsten Jahr aus dem Pilotprojekt ein fester Bestandteil der Pädagogik am Auersperg-Gymnasium werden kann.

Text und Fotos: Katharina Martin

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