Musik für die Erdbeben-Stadt
Nach dem Benefizkonzert auf Schloss Freudenhain haben die Organisatoren Instrumente ins italienische Norcia gebracht.
9000 Euro fürs italienische Städtchen Norcia sind beim Benefizkonzert im Juli auf Schloss Freudenhain (wir berichteten) zusammengekommen. Nun haben die Organisatoren davon Musikinstrumente gekauft und sie in den von Erdbeben zum Großteil zerstörten Ort in derNähe von Perugia gebracht. 80 Prozent der 5000 Einwohner Norcias leben ein Jahr nach der Erdbebenserie in Containern. „Vor der Stadt wurde eine Fläche planiert und ganze Straßenzüge aus Containern aufgebaut“, erzählt der Pianist und Musiklehrer Elmar Slama, der seit 20 Jahren regelmäßig zum Musikfestival „Umbria Classica“ nach Norcia gefahren ist und die Stadt daher gut kennt. Der Unterricht für die Schüler dort findet nun im Container statt.
Auch Gottesdienste werden im Provisorium gefeiert, denn alle 15 Kirchen im Geburtsort des heiligen Benedikt vonNursia sind eingestürzt. „Das ist schlimm für die Gläubigen und zusätzlich eine kulturhistorische Katastrophe. Fresken aus dem 13. Jahrhundert sind zerstört“, sagt Slama. Einziger Trost: Tote und Verletzte hatte das Städtchen bei den fünf Erdbeben von August bis Oktober nicht zu beklagen. „Ich habe von dieser Stadt so viel bekommen.Da musste ich nach dem Erdbeben was tun“, sagt Slama. Seine Eindrücke vor Ort beschreibt der Musiklehrer als bizarr: „Glück und Unglück liegen gleich nebeneinander. Da steht ein total kaputtes Haus neben einem unbeschädigten. So ein Erdbeben scheint ein Lotteriespiel zu sein.“ Und ob ein Haus noch steht, hängt natürlich auch der Bauweise und dem Untergrund ab. Nun sichern überall Gerüste die maroden Gebäude ab. „Ich habe gleichzeitig Untergangs und Aufbruchstimmung gespürt“, sagt Slama. Denn: Die Bewohner wollen ihre Stadt unbedingt wieder aufbauen. Viel passiert ist bislang allerdings nicht. Ein Klavier, zwei Pauken und ein liturgisches E-Piano haben Slama und seine Unterstützer vom Auersperg-Gymnasium und der Deutsch-Italienischen Gesellschaft Passau unter der Vorsitzenden Maria Iacono-Schwarz angeschafft undmit einemTransporter nach Mittelitalien gebracht. Klavier und Pauken sind für die musischen Klassen der Scuola Media (Mittelschule) gedacht. Das E-Piano hat sich die Kirchengemeinde gewünscht. Es imitiert den Klang einer Orgel und schafft bei den Messen im Container ein wenig Kirchenflair. Ganz im Sinne des Musikfestivals von Norcia will Slama vor allem den jungen Menschen dort etwas zurückgeben. Er ist überzeugt: „Die Katastrophe lässt sich mit Musik leichter aushalten.“
Kerstin Kesselgruber PNP (10.11.2017)
Einladen in Freudenhain - Die Vertreter der Deutsch-Italienischen-Gesellschaft unter Maria Iacono-Schwarz eingerahmt von Schulleiter Christian Zitzl und Elmar Slama
Übergabe in Norcia - Maria-Cristina D'Abbraccio und die Schulleiterin der Schuola Media, dahinter (v.l.) Lienhart Rau, Freudenhain-Chef Christian Zitzl, Philipp Ortmeier und Elmar Slama
Hotelspeisesaal im Bierzelt - Die Passauer Gruppe zu Gast bei der Hoteliersfamilie Bianconi
Zona Rossa - Viele Areale innerhalb Norcias sind nach wie vor wegen Einsturzgefahr gesperrt
Alle Kirchen Norcias sind eingestürzt - dahinter der Monte Pattino
Der Turm der Basilika des Heiligen Benedikt mit tiefen Riss
San Agostino - Die Fresken aus dem 13. Jahrhundert sind für immer verloren
Das schöne Licht der Rai-Techniker trügt - Von der Basilika des Heiligen Benedikt steht nur noch die Vorderseite
Die Mittelschule findet nun in Containern statt - dort stehen auch die Instrumente aus Passau